,

Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen

Gegen_den_Strom

Für uns ist es auch noch neu, dass wir unser Leben reflektiert und dadurch völlig auf den Kopf gestellt haben. Jetzt schwimmen wir sozusagen mit Hermann Hesse gegen den Strom, was deutlich anstrengender ist. Aber wir sind dadurch zum ersten Mal wirklich frei und glücklich. Dass wir damit auch bei einigen anecken, ist uns klar. Was passiert in den Köpfen unserer Mitmenschen, wenn sie uns kennen und wir plötzlich wie verwandelt scheinen und bei genauerem Hinschauen doch sehr durchdacht und klar sind?

Wer besonders lautstark dagegen argumentiert, spürt vielleicht ganz besonders, dass er etwas ändern müsste, aber nicht aus seiner Haut kann. So wie ich früher (Palma Veränderung). Es steckt in uns allen das Bedürfnis, nicht aus seiner Komfortzone herauszugehen, weil dieser Schritt mit großem Wandel und Schmerzen verbunden ist. Seelische Schmerzen, die heftiger als körperliche sein können. Hinzu kommt, dass ihnen niemand die Sicherheit gibt, dass der neue Weg wirklich besser ist. Aber dieser Ablöse- und Neuorientierungsprozess ist die Reise zu sich selbst, die jeder irgendwann antreten sollte. Sie führt über steinige Wege direkt in das eigene Herz und verwandelt uns in den liebenswerten Menschen, der wir sein möchten und können.

Wer nicht so lautstark protestiert gegen das Unbekannte, das Neue, der ist bereits angekommen bei sich, lebt authentisch und missgönnt niemandem etwas. Es gilt zu erkennen, dass wir ein Teil der Natur sind und das Anstreben großen beruflichen Aufstiegs und das Anhäufen unfassbarer Mengen an Besitz nicht wirkliche Zufriedenheit schafft. „Macht und Geld“ als Lebensziel sind in unserer westlichen Welt und in unseren Glaubenssätzen verankert und somit ein fester Bestandteil unserer Erziehung. Wir lernen Dinge wie: „Nur die Harten kommen in den Garten“, „Indianerherz kennt keinen Schmerz“, „Ausbildungsjahre sind keine Herrenjahre“.

Bereits im Kindergarten setzen sich die Stärkeren durch, was in der Grundschule ein richtiger Kampf werden kann, der sich bis zum Abitur fortsetzt. Wir konkurrieren, anstatt uns zu verbinden, voneinander zu lernen, ein Teil der Natur zu sein und mit den Ressourcen unserer Umwelt schonend umzugehen, um sie für die nachfolgenden Generationen zu bewahren. Im Job sollen wir dann plötzlich wissen wie Teamwork funktioniert und konkurrieren auch dort. Immer auf der Suche nach der wirklich erfüllenden Aufgabe leisten wir jeden Tag Großartiges und sind doch niemals zufrieden. Die Lehrer versuchen Teambildung schon in der Schule zu vermitteln, aber solange die Eltern den Kindern erklären, wie sie am besten ihre Ziele erreichen und besser sind als alle anderen, haben die Lehrer keine Chance.

Was mich wirklich jeden Tag glücklich gemacht hat in meinem Job waren die Teamaufgaben, bei denen jeder genau nach seinen Stärken eingeteilt und gefördert wird. Hierfür sind unsere Softskills nötig, wir brauchen eine große Menge an emotionaler Intelligenz und sind ein Teil eines Netzwerkes. Doch diese Form des Arbeitens wird nicht langfristig gewünscht. Mitarbeiter werden nicht nach ihren Stärken eingeteilt, sondern immer wieder bunt durcheinander gewürfelt, große Flexibilität (weltweite Mobilität) eingefordert, die Abteilungen aufgelöst, neu strukturiert und wieder zusammengesetzt.

Hierbei geht eine große Menge an Potenzialen verloren. Der einzelne Mitarbeiter verliert die Motivation, da er merkt, dass er nur eine Nummer ist, er im schlimmsten Fall nur Daten von A nach B transferiert und seine Kompetenzen nicht gefragt sind. Wofür habe ich studiert, wenn ich mich hier jetzt nicht voll einbringen kann? Alles basiert nur auf Angst. Jeder hat Angst, dass er morgen seinen Job verlieren könnte, dass er ersetzt wird. Nummer 32587 wird ersetzt durch Nummer 79316: Personalnummer, Personalausweis, Kreditnehmer, Konsument, Patient… Leben und irgendwann sterben. Aber zwischen geboren werden und sterben sind wir keine Nummern! Wir konsumieren nicht nur, wir sind ein Teil dieses Universums und haben eine Aufgabe. Welche das ist, gilt es zu erkennen!

Also, warum noch ist es so wertvoll, anzustreben, frei zu leben und sich nicht leben zu lassen?

Für uns persönlich bedeutet es, dass wir zum ersten Mal im Leben wirklich Zeit für uns und unsere Kinder haben und sie von Kopf bis Fuß genießen und auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begleiten können. Wir möchten, dass sie diese starken, liebenden Persönlichkeiten werden, die wir in uns suchen und meinen gefunden zu haben. Wir sind der Ansicht, dass sie vor allem die Kraft brauchen, aus sich selbst heraus die Begeisterung für das Leben und Lernen zu entwickeln und somit die Welt und ihre Bewohner zu schützen und ihnen etwas zurückzugeben.

3 Kommentare
  1. Werner Forneberg
    Werner Forneberg sagte:

    Liebe Mariam, ich danke Dir für diesen wundervollen Beitrag. Ja, die Freiheit ist so wichtig und die Reise zu sich selbst. Obwohl ich in Kürze 69 Jahre alt werde, habe ich das Gefühl, erst jetzt richtig auf der Reise zu mir selbst zu sein. Durch Dich und Dirk habe ich dazu wertvolle Anregungen bekommen. Das, was Du schreibst, erinnert mich an ein Wort des amerikanischen Dichters Henry David Thoreau, der einmal schrieb:
    „Ich ging in die Wälder, denn ich wollte wohlüberlegt leben, intensiv leben wollte ich, das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten, was nicht Leben war, damit ich nicht in der Todesstunde innewürde, dass ich gar nicht gelabt hatte.“

    Antworten
  2. Werner Forneberg
    Werner Forneberg sagte:

    Liebe Mariam, das von Dir angesprochene Sprichwort „Wer zur Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen“ überzeugt mich bis heute nur teilweise. Um zur eigenen Meinung, zum eigenen Weg zu gelangen, ist es tatsächlich wichtig, nicht mehr mit dem Strom der Meinungen zu schwimmen. Denn wenn man mit dem Strom schwimmt, wird man nur dann anerkannt, wenn man die eigene Meinung zugunsten der Mehrheitsmeinung aufgibt oder unterdrückt. Wenn man sich entschließt, nicht mehr mit, sondern gegen den Strom zu schwimmen, dann schärft das die eigenen Sinne, dann werden die eigenen Meinungen auf den Prüfstand gestellt und auf ihre Tragbarkeit getestet. Aber wenn man dann erkannt hat, dass die eigenen Meinungen tragen, wenn man den Entschluss gefasst hat, den EIGENEN Weg zu gehen, dann sollte man sich nicht mehr ermüden im Schwimmen den Strom, die kritischen Meinungen zu dem, was man tut, sondern dann sollte man den Strom verlassen, wie Ihr das getan habt, und am Ufer des Strom der Quelle entgegeneilen, denn auf diese Weise kommt man viel schneller ans Ziel, an die Quelle. Von daher macht Ihr alles richtig. Ich wünsche Euch weiter viel Kraft und Freude auf dem Weg! Euer Werner

    Antworten
    • Dirk
      Dirk sagte:

      Lieber Werner,

      auch wenn wir aktuell nicht häufig schreiben, so merken wir ganz genau, dass wir häufig aneinander denken. Uns geht es weiterhin prima, wir durch leben größere und kleinere Abenteuer, die wir uns im Herzen so gewünscht haben.

      Herzliche Grüße aus Sri Lanka

      Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert